Laborant gibt Lösungsmittel in ein Fläschchen.

Experteninterview: Wie umgehen mit PFAS-Beschränkungen?

Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen – kurz PFAS – stehen im Zentrum einer der weitreichendsten Chemikaliendebatten Europas. Die persistenten Industriechemikalien, oft als „Ewigkeitschemikalien“ bezeichnet, sind in vielen Konsumgütern enthalten – von Textilien über Lebensmittelverpackungen bis hin zu Kinderspielzeug. Die EU plant nun eine umfassende Beschränkung. Welche Herausforderungen ergeben sich für Hersteller und Marken? Und wie kann man sich heute schon darauf vorbereiten? Wir sprechen darüber mit Steffen Tümptner, Experte für die chemische Prüfung bei TÜV Rheinland.

Portrait von Steffen Tümptner, Experte für chemische Sicherheit bei TÜV Rheinland.


Steffen Tümptner ist als Regional Technical Manager bei TÜV Rheinland tätig und unterstützt globale Marken, Händler und Hersteller bei der Umsetzung von regulatorischen Anforderungen im Bereich Chemikalien und Lieferketten. Mit seinem umfassenden Wissen und seiner langjährigen Erfahrung im Bereich Nachhaltigkeit hilft er Unternehmen, komplexe Lieferketten zu optimieren und produktsicherheitsrelevante Standards einzuhalten.

Herr Tümptner, PFAS stehen seit einiger Zeit im Fokus der Öffentlichkeit. Was macht diese Stoffgruppe so problematisch?

PFAS sind wahre Allrounder in unserem Alltag. Dank ihrer einzigartigen chemischen Struktur sind sie, sehr stabil, wasser-, fett- und schmutzabweisend und lassen sich deshalb perfekt für Outdoor-Bekleidung, aber auch Pfannenbeschichtungen, Lebensmittelverpackungen oder sogar Feuerlöschschäume einsetzen. Doch diese hohe Stabilität hat auch ihre Schattenseiten. PFAS zerfallen in der Umwelt praktisch nicht, reichern sich in Organismen an und können langfristig gesundheitliche Probleme verursachen. Studien weisen auf einen Zusammenhang zwischen PFAS und schwerwiegenden Krankheiten hin, wie Krebs oder Schilddrüsenerkrankungen. So wird aus einem Segen langsam, aber sicher ein Dauerbrenner für Umwelt und Gesundheit.

Die EU plant derzeit eine umfassende Regulierung. Wie ist hier der aktuelle Stand?

Die Regulierung von PFAS innerhalb der EU ist bereits weit fortgeschritten, aber noch im Gange. Im Januar 2023 haben Deutschland, Dänemark, die Niederlande, Norwegen und Schweden bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) ein sogenanntes Beschränkungsdossier eingereicht. In diesem Dossier wird ein nahezu komplettes Verbot aller PFAS vorgeschlagen – mit nur wenigen, sorgfältig definierten Ausnahmen.

Im Anschluss fand von März bis September 2023 eine öffentliche Konsultation statt, bei der über 5.600 Kommentare eingereicht wurden – ein rekordverdächtiger Wert, der zeigt, wie stark die Industrie von diesen Regelungen betroffen sein wird.

Derzeit prüfen zwei Gremien der ECHA diese Kommentare: der Ausschuss für Risikobewertung (RAC) und der Ausschuss für sozioökonomische Analyse (SEAC). Die endgültige Entscheidung wird die Europäische Kommission treffen, voraussichtlich nach 2025. Sobald der Vorschlag durch den REACH-Regelungsausschuss angenommen ist, wird die Beschränkung veröffentlicht und nach einer Übergangsfrist in Kraft treten.

Das heißt aber nicht, dass Stand heute keine Regelung zu PFAS gibt. In der EU gibt es schon seit fast 15 Jahren Grenzwerte für den Einsatz von bestimmten PFAS wie zum Bespielt PFOA, PFOS oder C9-C14 PFCA.

Was bedeutet das konkret für Hersteller und Marken, die Konsumgüter wie Textilien, Spielzeuge oder Verpackungen vertreiben?

Viele Branchen erleben aktuell einen deutlichen Wandel, der nicht länger ignoriert werden kann. Unternehmen, die heute noch PFAS verwenden, sollten spätestens jetzt aktiv werden. Die künftige Regulierung wird alle Bereiche der Wertschöpfungskette umfassen: von den Rohstoffen über die Produktion bis hin zu den fertigen Produkten. Hersteller müssen deshalb jetzt genau wissen, was in ihren Produkten enthalten ist. Ohne gründliche chemische Analysen können sie Risiken nicht angemessen beurteilen und schon gar keine Alternativen entwickeln.

Was raten Sie Unternehmen, die möglicherweise PFAS in ihren Produkten haben?

Ohne zu wissen, ob meine Produkte betroffen und welche PFAS enthalten sind, kann man gar nicht richtig reagieren. Vor allem bei komplexen Lieferketten, wie sie in der Textil- oder Verpackungsindustrie vorkommen, ist es entscheidend, selbst aktiv zu werden. Es reicht einfach nicht aus, sich auf die Aussagen der Lieferanten zu verlassen. Man muss selbst testen und überprüfen, um sicherzustellen, dass alles einwandfrei ist.

Wir bei TÜV Rheinland bieten umfangreiche PFAS-Analysen an – PFAS-Analyse bis zur Messung des Gesamtfluorgehalts (EOF). Unsere Prüfmethoden zählen zu den umfassendsten weltweit – inklusive Analyse von über 360 industriell relevanten Verbindungen.

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Ein besonderes Augenmerk liegt auf Lebensmittelverpackungen. Warum ist das Thema hier besonders brisant?

Lebensmittelverpackungen stehen aus zwei gut nachvollziehbaren Gründen im Rampenlicht: Zum einen kommen sie direkt mit Lebensmitteln in Berührung – was die Gefahr eines Schadstofftransfers, also einer Migration von PFAS in die Nahrung, real macht. Zum anderen ist die neue EU-Verpackungsverordnung (PPWR) in diesem Punkt sehr deutlich: PFAS in Lebensmittelverpackungen sind in Zukunft nicht mehr erlaubt.

Gleichzeitig stehen Verpackungshersteller unter einem großen Druck bezüglich Nachhaltigkeit. Von ihnen wird erwartet, den Anteil von recycelten Materialien zu erhöhen, was aus ökologischer Sicht vollkommen nachvollziehbar ist. Aber hier entsteht ein Problem: Die recycelten Materialien können PFAS aus älteren Produkten enthalten – und das oft unbemerkt. Ohne gezielte chemische Tests können diese Substanzen dann ungewollt in neue Verpackungen gelangen, möglicherweise sogar in Bereichen, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen.

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Wie können Unternehmen diesen Spagat zwischen Recycling und Schadstofffreiheit schaffen?

Es ist eine Herausforderung – keine Frage. Aber sie ist lösbar. Der Schlüssel liegt in der Kombination aus Materialanalyse, Qualitätsmanagement und Lieferantenkontrolle. Unternehmen müssen genau prüfen, aus welchen Quellen ihre Rezyklate stammen und wie sie verarbeitet wurden. Ergänzend sollten sie systematisch auf PFAS testen – nicht nur bei Endprodukten, sondern auch bei den Ausgangsmaterialien.

Wie schätzen Sie den Aufwand für Hersteller ein, die jetzt reagieren möchten?

Das hängt maßgeblich davon ab, wie groß das Produktportfolio eines Unternehmens ist. Für Unternehmen, deren Produkte oft PFAS enthalten könnten, ist der Aufwand natürlich erheblich größer. Aber diese Investition zeigt sich als weitsichtig: Wer bereits heute für Transparenz sorgt, minimiert nicht nur die Risiken durch strengere Vorschriften, sondern stärkt auch das Vertrauen von Kunden und Geschäftspartnern.

Bei TÜV Rheinland stehen wir unseren Kunden zur Seite, nicht nur bei der Analyse von PFAS, sondern auch beim Management der Lieferkette oder bei Schulungen, um das notwendige Wissen zu vermitteln.

Und wie sieht es mit Kinderspielzeug aus – ein ebenfalls sensibler Bereich?

Auch im Spielzeugbereich sind PFAS ein Thema – etwa in wasserabweisenden Oberflächen oder in Kunststoffen. Die EU-Spielzeugrichtlinie enthält bereits Anforderungen an die chemische Sicherheit, aber mit dem kommenden PFAS-Verbot wird der Druck weiter steigen. Hersteller von Spielzeug sollten besonders vorsichtig sein, weil es hier um besonders schutzbedürftige Verbraucher geht: Kinder.

Wir empfehlen auch hier eine systematische Überprüfung aller Materialien und Zulieferer. Ein vermeintlich harmloses Produkt kann PFAS-haltige Komponenten enthalten.

Zum Schluss: Was ist Ihre wichtigste Empfehlung an Unternehmen?

Warten Sie nicht auf den Gesetzgeber. Wer jetzt handelt, verschafft sich einen klaren Wettbewerbsvorteil – regulatorisch, ökologisch und im Hinblick auf die eigene Markenreputation. Beginnen Sie mit einer chemischen Analyse Ihrer Produkte, bewerten Sie Risiken und definieren Sie eine Substitutionsstrategie. PFAS sind keine Randnotiz mehr – sie stehen im Zentrum der künftigen Chemikalienpolitik Europas. Darauf sollte sich jedes verantwortungsvolle Unternehmen jetzt vorbereiten.

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