Entscheidungen des französischen Kassationshofs im Fall PIP-Brustimplantate

Köln/Paris | 25.05.2023

Der Kassationshof Frankreichs hat vier Entscheidungen im Rahmen von Verfahren gegen die benannte Stelle TÜV Rheinland LGA Products GmbH ("TRLP") und die Firma TÜV Rheinland France ("TRF") gefällt. Die Verfahren wurden von Klägerinnen, die behaupten, PIP-Silikongel-Brustimplantate erhalten zu haben, sowie von ehemaligen PIP-Brustimplantat-Händlern angestrengt.

Der Oberste Gerichtshof Frankreichs wurde mit dieser Angelegenheit im Rahmen von Kassationsbeschwerden befasst, die zum einen von TRLP und TRF und zum anderen von den Klägerinnen und einigen ehemaligen PIP-Brustimplantat-Händlern eingelegt wurden. Diese Kassationsbeschwerden folgen auf mehrere Berufungsurteile, die im Jahr 2021 im Abstand von einigen Monaten von verschiedenen Berufungsgerichten in Frankreich erlassen wurden. Diese Berufungsurteile haben zu sehr unterschiedlichen Entscheidungen geführt.

Seit dem Erlass dieser Berufungsurteile hat der Kassationshof Frankreichs bereits zweimal, am 9. Februar und am 20. April 2023, entschieden und die Kassationsbeschwerden von Personen zurückgewiesen, die von den Berufungsgerichten in Versailles und Aix-en-Provence für nicht klagebefugt erklärt worden waren. Für diese Personen ist damit endgültig entschieden, dass sie keine Ansprüche gegen TÜV Rheinland geltend machen können.

Am 25. Mai 2023 hob der Kassationshof Frankreichs die oben genannten Berufungsurteile der drei Berufungsgerichte ganz oder teilweise auf.

Diese Entscheidungen sind ein weiterer Schritt in den Rechtsstreitigkeiten in Folge des jahrelangen Betrugs von PIP zu Lasten der betroffenen Frauen, aber auch der benannten Stelle TRLP, wie das Strafgericht in einem endgültigen Urteil feststellte.

Der Kassationshof Frankreichs hat den Fall an das Berufungsgericht Lyon zurückverwiesen. Gegen die künftigen Urteile des Berufungsgerichts Lyon könnte erneut Kassationsbeschwerde beim Kassationshof Frankreichs eingelegt werden.

Auf europäischer Ebene entschied der Gerichtshof der Europäischen Union im Februar 2017, dass Benannte Stellen wie TRLP nicht generell verpflichtet sind, unangemeldete Besichtigungen durchzuführen oder die Medizinprodukte bzw. die Geschäftsunterlagen des Herstellers zu prüfen. Im Rahmen des Strafverfahrens wurde TRLP im Jahr 2013 vom Strafgericht Marseille, 2016 vom Berufungsgericht Aix-en-Provence und endgültig 2018 vom Kassationshof Frankreichs als Opfer des Betrugs von PIP und seinen Managern anerkannt.

Hintergrund: PIP hat vorsätzlich Silikon-Brustimplantate unter – zumindest zeitweiser – Verwendung einer nicht-deklarierten Silikonfüllung hergestellt.

Mittels eines groß angelegten und komplexen Betruges hat PIP alle beteiligten Kreise getäuscht – an erster Stelle die Patientinnen, aber auch die Gesundheitsbehörden und die Benannte Stelle TRLP. PIP hat TRLP getäuscht und stets vorgegeben, ausschließlich das gegenüber TRLP deklarierte Silikon als Rohmaterial verwendet zu haben. PIP hat den Prüfern von TRLP vollständige Unterlagen (z.B. das Design Dossier, Chargendokumentation, Produktionsanweisungen) über die angebliche Verwendung des deklarierten Silikons zur Verfügung gestellt. Sämtliche Hinweise auf die Verwendung abweichender Rohmaterialien hat PIP systematisch verschleiert. Entsprechend den Vorschriften bestand die Aufgabe der TRLP als Benannte Stelle darin, die vom Hersteller angewandten Verfahren zu überprüfen und nicht die Endprodukte zu testen. Sobald der von PIP begangene Betrug Ende März 2010 bekannt wurde, hat TRLP die Zertifikate für PIP ausgesetzt.

TRLP hat größtes Verständnis für die Sorge von Patientinnen mit PIP-Implantaten und teilt das Interesse der Frauen an einer umfassenden Aufklärung der kriminellen Handlungen von PIP. Deshalb hatte TRLP auch Strafanzeige gegen PIP und die dort handelnden Personen gestellt. Das hat zur endgültigen Verurteilung der PIP und ihrer Manager wegen des Betrugs an TRLP geführt.

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